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Wie krumm darf Gurke sein?

Foto: EPA / BGNES
Wir leben in einer Welt, in der die Gurken nicht das Recht haben, krumm zu sein, die Äpfel keine Flecken haben dürfen und überhaupt Obst und Gemüse dem Bild eines großen Malers gleichen müssen, um das Wohlwollen des internationalen Handels zu genießen. Ihre Geschmackseigenschaften sind leider nur zweitrangig. Bulgarien, das seit Jahrhunderten für seine Gärtner und schmackhaftes Obst und Gemüse berühmt ist, muss sich nun daran gewöhnen, dass die krumme Gurke keine Daseinsberechtigung hat, so schmackhaft sie auch sein mag. In diesem Jahr können die einheimischen Gärtner erstmals von europäischen Fördermitteln außerhalb der Flächensubventionen Gebrauch machen. Es ist kein Geheimnis, dass letztere vor allem die europäischen Getreideproduzenten begünstigen, die große Flächen bewirtschaften und so geringere Ausgaben haben als die Obst- und Gemüsebauern, ganz zu schweigen vom frappierenden Unterschied in Sachen Arbeitsaufwand.

Anspruch auf die europäischen Fördermittel außerhalb der Flächensubventionen haben die bulgarischen Obst- und Gemüsebauern jedoch nur dann, wenn ihre Produktion den auf den ersten Blick seltsamen Qualitätskriterien entspricht. Die unglückliche Gurke muss beispielsweise zwingend gerade sein und eine gewisse Mindestlänge aufweisen. Diese liegt bei Treibhausgurken beispielsweise bei 25 cm. Die Kirschen wiederum müssen Stiele aufweisen und bestimmten Durchmesser-Vorgaben entsprechen.

Was es mit diesen Vorgaben auf sich hat und warum Bulgarien keinen anderen Ausweg hat, als sich an diesen im Grunde genommen rein absatzorientierten Qualitätskriterien der Union auszurichten, erfahren wie von Georgi Raltschew, dem Chef der Abteilung „Obst, Gemüse und Marketingstandards“ beim Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung. Mehr noch –für Bulgarien gelten von Anfang an die sich aus der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse ergebenden strengeren Vorschriften, die von den Fachleuten als „Aufstockung“ bezeichnet werden.

Für diverse Erzeugnisse bedeutet Aufstockung Sondervorschriften, die über die europäischen Auflagen hinausgehen – erklärt Georgi Raltschew. – Übrigens, gibt es meiner Ansicht nach EU-weit kein analoges Schema für die zusätzliche Förderung des Obst- und Gemüseanbaus. Hier haben wir Pionierarbeit geleistet. Aus diesem Grund interessieren sich auch andere Länder für unsere Standards, um diese in der ein- oder anderen Form zu übernehmen. An dieser Stelle will ich etwas klarstellen. Unsere Fördermittel-Standards sind in der Tat strenger als die europäischen Auflagen. Allerdings sind diese, sowohl was unsere Produktionsbedingungen als auch unsere Sorten betrifft, umsetzbar.

Die ausgezeichneten Voraussetzungen für den Gartenbau sowie die langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich sind ein Plus für Bulgarien. In der Praxis ist ein Großteil der bulgarischen Obst- und Gemüsebauern mit Sicherheit in der Lage, die erhöhten Auflagen zu erfüllen, um in den Genuss der Fördermittel zu kommen. Allerdings ist nach dem Fall der Berliner Mauer ein Großteil der bulgarischen Landwirtschaft eingebrochen, weswegen es viele Landwirte wohl schwer haben dürften, sich um die Boni für Top-Qualität zu bewerben. Für diese Obst- und Gemüsebauern hat der Staat erstmals nationale Fördertitel aufgelegt, die in drei Bereiche unterteilt sind. Das Programm „de minimus“ soll Landwirte bei der Behebung von Schäden infolge von Naturkatastrophen unterstützen. Das zweite Programm sieht die Subventionierung der Hälfte der Investitionen in die technische Ausstattung von Branchenunternehmen vor. Der dritte Fördertitel wurde zur Erfüllung der GLOBALGAP-Standards zur Zertifizierung von Agrarerzeugnissen aufgelegt, die Großhandelsketten immer öfter von ihren Zulieferern fordern.

Erinnert sei daran, dass die alten EU-Staaten im Zuge der letzten Erweiterungswelle vor allem die starke Konkurrenz der osteuropäischen Staaten mit langjährigen Agrartraditionen befürchteten. Aus diesem Grund wurden die neuen Mitglieder in vielerlei Hinsicht benachteiligt, was vor allem bei den staatlichen Beihilfen im Agrarsektor ersichtlich war, die mit 30:70 zu Gunsten der alten EU-Länder ausfielen, die bereits seit Jahrzehnten subventioniert wurden. Und das, obwohl die Landwirtschaft in den neuen EU-Ländern, die gerade erst den Weg zur Markwirtschaft eingeschlagen hatten, entkapitalisiert am Boden lag. Vereinbart wurde eine stufenweise Angleichung dieser Subventionen bis 2016. Die neuen EU-Staaten fordern die Angleichung der staatlichen Beihilfen im Agrarsektor jedoch bereits ab 2014, mit Beginn der Förderperiode 2014-2020.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Maria Dimitrowa


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