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Renaissance der Atomenergie ohne Nachwuchs?

International erlebt die Atomenergie eine Renaissance. In der Atomindustrie sind weltweit 250.000 Menschen beschäftigt. Laut Angaben der Internationalen Atombehörde in Wien bauen weltweit 15 Staaten insgesamt 63 neue Atommeiler. Dem Klub der Atomländer wollen weitere 65 Staaten beitreten, die seit kurzem derartige Technologien nutzen und künftig die Liste der „Atomfamilie“ komplettieren wollen. Allein in Europa sind in 15 Staaten insgesamt 152 Atomreaktoren in Betrieb. Die Zahlen sind beeindruckend, die Perspektiven – gut. Allerdings zeichnen sich Probleme ab, die niemand erwartet hat – es mangelt an Physiker-, Ingenieur- und Expertennachwuchs.

Wie sieht es in der Realität aus?

Die heutigen Energetiker sind bereits im fortgeschrittenen Alter – eine Generation, die in den kommenden Jahren die Schaltzentralen der Atommeiler verlassen und in Rente gehen wird. Allerdings werden sie auch äußerst spezifisches Fachwissen mit sich nehmen, das sie sich jahrelang über komplizierte und teure Atomanlagen-Projekte angeeignet haben.

Wer wird ihren Platz einnehmen? Wer wird die Atomrenaissance verwirklichen?
Wir werfen diese Frage auf, da das Thema alle Atomstaaten der Welt betrifft, einschließlich Bulgarien. In den letzten Jahren ist unter den jungen Leuten kein besonderes Interesse an einer Karriere im Bereich der Atomenergie zu verzeichnen. Betriebswirtschaft, Rechtswissenschaften, Management – das sind die neuen Modetrends, nicht etwa Ingenieurwissenschaften. Zudem sichert die Branche gegenwärtig keine kontinuierliche Kadernachfrage. Viele in Bulgarien ausgebildete Spezialisten arbeiten in anderen Ländern. „Immer weniger junge Menschen bei uns und in Westeuropa wollen Physik oder Atomphysik studieren“, kommentiert Dozent Dimitar Tonew, Direktor des Instituts für Nuklearforschung und Atomenergie an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften.

„Im Bereich Atomenergie hat Bulgarien langjährige Traditionen“, so Dozent Tonew. „Unser Problem ist, dass die Energetiker, die heute im Atommeiler Kosloduj arbeiten, bereits im fortgeschrittenen Alter sind und in absehbarer Zeit in Rente gehen werden. An ihre Stelle rücken einige wenige junge und unerfahrene Spezialisten nach, die erst noch in der Praxis lernen müssen. Trotz guter Traditionen verlassen die jungen Fachleute das Land. Die Gründe dafür sind fehlende Aufstiegschancen und niedrige Bezahlung. Auch gegenwärtig verlassen junge Spezialisten das Land. Die Fakten sind traurig und dass vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Bulgarien einen zweiten Atommeiler in Betrieb nehmen will.“

In seinem strategischen Energiemix setzt Bulgarien auf Atomenergie. Neben dem Atommeiler Kosloduj steht auch der Bau des zweiten Atommeilers Belene auf der Tagesordnung.

„Wir müssen uns als Energiezentrum des Balkans behaupten und brauchen klare Strategien – entweder neue Blöcke in Kosloduj oder der Atommeiler Belene“, vermerkt Dozent Dimitar Tonew und fügt hinzu, dass der Staat auch in Bezug auf den Expertennachwuchs langfristig planen müsse. „Russland bekundet Interesse, seinen Atomkraftwerk-Nachwuchs in Bulgarien ausbilden zu lassen und zwar nicht nur diejenigen, die in Bulgarien arbeiten werden, sondern auch die Fachkräfte, die dann in die Türkei oder nach Vietnam gehen werden. Wir verfügen über die entsprechenden Bedingungen, wir verfügen über ein Ausbildungszentrum am Nuklearinstitut, das Problem ist der Nachwuchs. Es gibt in diesem Bereich nicht besonders viele begeisterte junge Leute, da wir ihnen keine sichere Perspektive bieten können.“

Wie kann das Problem gelöst werden?

Einerseits ist die öffentliche Meinung jetzt für eine Renaissance der Atomenergie gereift. 83 Prozent der Bulgarien sind der Ansicht, dass hierzulande die Strompreise ohne Atomenergie drastisch in die Höhe schnellen würden. Das belegen die Daten einer repräsentativen Umfrage von GfK-Bulgarien. 80 Prozent der Befragten räumen dem Bau eines neuen Atommeilers wirtschaftliche Vorteile ein, da dieser beträchtliche ausländische Investitionen bedeuten würde. Andererseits steht das Nachwuchsproblem. In zahlreichen Staaten werden Projekte erarbeitet, um junge Leute für diesen Beruf zu begeistern, um Nachwuchs zu sichern.

„Wir müssen die Jugendlichen dazu bringen, sich einen Reaktor aus der Nähe anzusehen“, meint Dozent Dimitar Tonew, Direktor des Instituts für Nuklearforschung und Atomenergie an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. „Wir müssen gewissermaßen ein wenig auf Renaissance-Art vorgehen, um den Nachwuchs zu begeistern. Wenn der Atommeiler Koslodui geschlossen und kein neues Atomkraftwerk gebaut würde, würden viele Menschen auf der Straße landen. Und der Nachwuchs würde sich dann völlig aus dem Bereich Atomphysik zurückziehen. Wir müssen jedoch unsere Positionen auf dem Balkan behaupten.“

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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