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Heim und Freizeit: Die Sammelleidenschaft

Letztes Jahr wurde die Bulgarin Pawlina Jotkowa mit ihrer Sammlung von kleinen Kaffee- und Teezuckerbeuteln in das Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen
Foto: Archiv
Heute geht es in der Rubrik „Heim und Freizeit“ um eine Freizeitbeschäftigung, der Menschen aus aller Herren Länder frönen – dem Sammeln oder besser gesagt der Sammelleidenschaft. Es gibt schon Sachen, bei denen einem nie in den Sinn gekommen wäre, dass man sie sammeln könnte. Begonnen bei manchen Dingen des alltäglichen Bedarfs bis hin zu Dinosauriereiern, Meteoriten oder tonnenschweren Bronzestatuen. Es gibt wirklich Hunderte Varianten, was man sammeln kann, doch das Ziel dieser Beschäftigung ist die Vollständigkeit der Sammlung. Die meisten Menschen sammeln Briefmarken, Ansichtskarten, Antiquitäten, Münzen, Taschenkalender, Bierdosen, Bierdeckel, Aufkleber, Spielkarten, Puppen, Stofftiere, Zündhölzer. Sehr beliebt sind auch Antiquitäten, Abzeichen, Etiketten, Medaillen, Wimpel, Spielzeugeisenbahnen, Modellautos, Comics, Telefonkarten, Autogramme, Filmplakate und vieles andere mehr. Aber es gibt auch viele Kuriositäten. Welche - das erfahren Sie im Laufe unserer heutigen Sendung.

Werfen wir zuerst einen Blick auf das Sammeln als solches. Bereits vor vierzig bis sechzigtausend Jahren tauchten die ersten privaten Sammlungen auf – denn selbst die Höhlenbewohner haben Muscheln und ähnliches in ihren Höhlen zusammengetragen. Diese Dinge hatten keinen Gebrauchswert, man konnte sie weder essen, noch als Werkzeug benutzen, aber sie waren schön - und vielleicht war das allein der Grund für die Menschen von damals und auch von heute, unterschiedlichste Gegenstände zu sammeln.

Die schlauen Köpfe zumindest definieren die Sammler als Menschen, die Dinge aufbewahren, die eigentlich nutzlos sind: gestempelte Briefmarken zum Beispiel oder Münzen, die schon lange ihren Wert verloren haben und mit denen man in keinem Laden mehr etwas einkaufen könnte. Nutzlose Dinge aber gibt es haufenweise in der Welt, und so gibt es auch kaum etwas, was nicht gesammelt wird, meinen sie sarkastisch. Wer aber mit seiner Sammlung Geld verdienen will, der müsse sich schon um eine Ware kümmern, die Seltenheitswert besitzt. Um ein seltenes Stück zu erkennen, braucht man ein geschultes Auge, einige Kenntnisse und ein gutes Gespür. Der finanzielle Reiz einer Sammlung ist aber in der Regel von geringer Bedeutung für den Sammler. Unter den Menschen, die diesem in der Regel schönen und harmlosen Hobby nachgehen, gibt es aber auch solche, die von ihrem Hobby regelrecht besessen sind. Eine US-Untersuchung von Menschen mit exzessivem Sammeltrieb ergab, dass ein bestimmtes Gehirnareal dieses Hobby steuert. Die Forscher der Universität von Iowa untersuchten insgesamt 86 Menschen, von denen ein Teil nach einer Gehirnverletzung damit begonnen hatte, relativ nutzlose Gegenstände anzuhäufen. An den gesammelten Gegenständen sollen sie kein größeres Interesse gezeigt haben, doch sie haben sich hartnäckig geweigert, die Sammlung aufzulösen. Die Untersuchung zeigt, dass primitives Sammelverhalten außer Kontrolle gerät, wenn ein Teil des präfrontalen Kortex verletzt ist. Somit gibt es also eine wissenschaftliche Erklärung für abnormes Sammelverhalten, bei dem die Menschen total die Kontrolle über ihren Sammeltrieb verlieren. Wenn sie also bereit sind, für ein fehlendes Stück ihrer Sammlung Haus und Hof zu verpfänden, ihre Großmutter zu verkaufen oder die Familie zu verlassen, dann wird die Sammelleidenschaft bedenklich, kommentieren die Spaßvögel.

Werfen wir nun einen Blick auf die Sammler in Bulgarien. Manche von ihnen haben Sammlungen, die in der Tat einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde verdienen. Nehmen wir zum Beispiel den 80jährigen Stefan Kostow, dessen Sammlerleidenschaft ziemlich breit gefächert ist, so dass er nicht von ungefähr als der Mann mit den zahlreichsten Hobbys in Bulgarien gilt. Als Kind schon begeisterte sich Stefan Kostow für Kino und Spielfilm und machte sich Notizen, welche Filme er bereits gesehen hat. Seine Aufzeichnungen belegen, dass er sich inzwischen rund 32 000 Spielfilme angeschaut hat. Er hat Listen mit den Namen von 11 000 Schauspielern und Schauspielerinnen aufgestellt, besitzt 2800 Fotos von ihnen und fasste das Leben von 5900 Regisseuren in kurzen Lebensläufe zusammen. Außerdem hat der fidele Tenorsänger eine Sammlung von 1200 Liedern aus der städtischen Folklore angelegt. 300 dieser Lieder hat er in eigener Interpretation auf Kassetten aufgenommen. Stefan Kostow ist außerdem stolzer Besitzer von 6000 Taschenkalendern, 2300 Etiketten von alkoholfreien Getränken und nennt auch 1400 Papierservietten, 2000 Abzeichen, 2500 Ansichtskarten und 300 Seifen sein eigen. Hinzu kommt die Sammlung von 27 000 Karikaturen und 52 000 Zeitungsausschnitten mit Epigrammen und Feuilletons. Wir sollten an dieser Stelle nicht vergessen zu erwähnen, dass der rüstige Rentner auch als wahrer Frauenheld berühmtberüchtigt ist.

Eine wichtige Rolle dafür, dass der etwa fünfzigjährige Georgi Christow aus der nordbulgarischen Stadt Plewen in jungen Jahren für die Paläontologie entflammte, spielte sein Lehrer. Sie machten zusammen einen Ausflug in die freie Natur. Unter den Anweisungen seines Lehrers grub Georgi seinen ersten versteinerten Fund aus dem Lehm aus und - es war um ihn geschehen. Mittlerweile enthält seine Sammlung rund 15 000 Fossilien von 500 Arten – von Meerestieren, Korallen, Ammoniten und anderen Lebewesen, die ganze 220 Millionen Jahre unter der Erde lagen. 1 000 Exponate ließ der Sammler dem Museum des Geologieinstituts zukommen, weitere 130 Exemplare schenkte er dem Museum in Plewen. Um zu wissen, was er genau ausgegraben hat, hat Georgi Christow mit 36 Jahren noch Geologie studiert. Trotzdem zieht er immer wieder seine Paläontologiebücher zu Rate. Der wertvollste Fund, den er bisher gemacht hat, ist ein 15 Millionen Jahre altes Skelett von einem Wal. Dieser Wal lebte im Baden-See, dessen Gewässer sich früher bis hin zur der Gegend erstreckten, in der nun seine Heimatstadt Plewen liegt. Dort, beim Dorf Dissewiza, fand Georgi Christow in einer Lehmgrube Fragmente von der versteinerten Wirbelsäule des Meeressäugers und brachte sie in das Naturkundemuseum in Sofia. Von dort aus kam der einzigartige Fund in die Schweiz. Dieser Wal hat vor 15 Millionen Jahren im Baden-See gelebt, lautete das Urteil des weltbekannten Walspezialisten Professor Giorgio Pilleri. Das ist der erste Fund dieser Art in ganz Osteuropa. Später fand Georgi Christow in dieser Gegend auch einen 7,5 Zentimeter langen Haifischzahn, von dem die Wissenschaftler annehmen, dass er 90 bis 100 Millionen Jahre alt ist. Stolz ist der Sammler auch auf seine gigantischen Ammoniten – 30 Zentimeter lange Meerschnecken, die vor 120 Millionen Jahren im Sarmatmeer gelebt haben. Dieses Meer ist später ausgetrocknet und langsam prägte sich das heutige Relief der Gegend heraus. Interessant ist auch der Kiefer eines Fund Stachelschweins, den Georgi Christow in der Plewener Gegend gefunden hat. Auch diese Tiere haben einst unser Land bevölkert, sind aber mit dem Erscheinen des Menschen in Europa verschwunden. Das Hobby von Georgi Christow ist in der Tat sehr faszinierend, denn es liefert ein Bild von dem Leben auf unserem Territorium und auf unserem Kontinent vor Hunderten Millionen Jahren.

Nach unserem kurzen Zeitreise in die Vergangenheit wollen wir aber wieder in die Gegenwart zurückkehren. Unter den Sammlern in Bulgarien zeichnet sich auch die Sportlehrerin Silvana Penewa aus. Sie sammelt seit ihrem achten Lebensjahr Taschenkalender und besitzt inzwischen etwa 6800 Stück. Das älteste Exemplar in ihrer Sammlung stammt aus dem Jahr 1927. Silvana Penewa besitzt viele wertvolle Einzelstücke und es ist nicht weiter verwunderlich, dass sie sich am meisten vor Diebstahl und Feuer fürchtet. Deshalb prüft sie mehrmals, ob sie nach dem Bügeln auch wirklich das Bügeleisen abgestellt hat.

Ein anderer komischer Kauz ist der Rentner Totju Karastojtschew, früherer Polizist. Seit 30 Jahren hat er seine Freizeit der Maximaphilie gewidmet. Bei diesem Hobby orientiert sich der Sammler am Motiv der Briefmarke, zu dem er eine illustrierte Postkarte mit maximaler Übereinstimmung dieses Motivs und einer ortsbezogenen Abstempelung sucht. Dieses Hobby erfordert tiefgehende Hintergrundinformationen thematischer Art. Deshalb hat Totju Karastojtschew zahlreiche Nachschlagewerke parat, um stets auf dem Stand zu sein.

Viele Bücher hat auch der Hydroingenieur Georgi Konstantinow aus Sliwen gelesen und das stets mit dem Bleistift in der Hand. Das erste Buch mit geflügelten Worten kam ihm 1949 in die Hände und seitdem kann er das Sammeln von Aphorismen nicht mehr lassen. Seit 55 Jahren hat er ein waches Ohr für Geistesblitze jeder Art. Seine Sammlung enthält inzwischen mehr als 900 000 Sprüche – stellen Sie sich das einmal vor, fast eine Million Aphorismen. Mindestens 5000 stammen von ihm – sie entstehen spontan, oftmals auch im Traum, so dass auf seinem Nachtschrank stets Schreibstift und Papier bereit liegen, damit er sie sofort aufschreiben kann.

Ein interessantes Hobby und ein interessantes Leben hat auch der frühere Hochseefischer Ewgeni Wulew aus Plowdiw. Er sammelt Kristalle, Edel- und Halbedelsteine jeder Art. Seinen Werdegang als Sammler begann er in Brasilien. Vier mal wurde er für besonders große Kristallfunde ausgezeichnet und hat im Jahr 2000 im Museum „Die Erde und die Menschen“ seine einzigartige Sammlung zur Schau gestellt. Nun träumt Ewgeni Wulew davon, in seiner Heimatstadt Plowdiw eine große Fabrik für die Produktion von Edelsteinen zu bauen.

Auch die Fußballfans in Bulgarien sind durch Bontscho Todorow würdig vertreten. Er besitzt eine Kollektion von 15 000 Abzeichen zum Thema Fußball und hat schon mehrere Ausstellungen im Ausland gehabt, darunter in Italien, Frankreich und der Schweiz.

Maria Trendafilowa aus der Kleinstadt Petritsch im Südwesten Bulgariens ist ein wahrer Glückspilz – sie hat in den letzten 50 Jahren rund 20 000 vierblättrige Kleeblätter gefunden. Viele davon hat sie aber an ihre Mitmenschen verschenkt. Ihre Sammlung enthält auch 23 fünfblättrige, ein sechsblättriges und ein siebenblättriges Kleeblatt. Die Rentnerin träumt davon, auch ein achtblättriges Exemplar zu finden. Wer weiß, vielleicht wird die wirklich fündig.

Der Journalist Tentscho Djakow aus Russe hat ein handfesteres Hobby – er sammelt Zeitungen und besitzt inzwischen mehr als 5500 Zeitungen aus 155 Staaten, darunter eine Zeitung in baskischer Sprache, eine maltische Zeitung in der Sprache der alten Sarazener, ein schottisches Blatt, das seit 1747 ohne Unterbrechung herausgegeben wird, die erste Zeitung, die in bulgarischer Sprache in Israel erschienen ist und viele andere Raritäten.

In Stara Sagora lebt der Rentner Iwan Pentschew, dessen Herz seit seiner Jugend für alte und seltene Wecker und Taschenuhren schlägt. Er nennt 200 Uhren sein eigen und ist stolz, dass sie alle tadellos funktionieren. Jeden Sonntag verbringt er zwei Stunden damit, seine kostbaren Stücke aufzuziehen. Darunter gibt es Uhren der Handelsmarken „Omega“, „Citizen“, „Longine“, „Maute“, „Tam-Tam“ und viele andere mehr.

Miltscho Miltschew aus der Donaustadt Russe hat binnen drei Jahrzehnten eine Sammlung von Insekten zusammengetragen, welche die zweitgrößte in Bulgarien ist. Sie enthält 10 000 Insekten, wovon die Großzahl Schmetterlinge sind. Allerdings ist darin auch ein Skorpion aus Libyen und eine fliegende Kakerlake aus Texas zu sehen.

Exotisch ist auch das Hobby der Brüder Sider und Atilla Sedeftschewi aus dem Dorf Diwotino bei Pernik im Westen Bulgariens. Ihre Kakteensammlung kann sich wirklich sehen lassen – 2500 Exemplare von 600 verschiedenen Arten. Um ihre Sammlung zu vervollständigen, unterhalten die Brüder Kontakte zu 60 Ländern und beteiligen sich in den letzten Jahren regelmäßig an der nationalen Ausstellung „Exotik“.´

Der 64jährige Nikolaj Bonew aus Lukowit, der in jungen Jahren Torwart und Autoschlosser war, sammelt seit 1961 Karikaturen. 41 000 Zeichnungen bulgarischer und ausländischer Autoren enthält seine umfangreiche Sammlung. Immer, wenn ihm die Realität zu trist erscheint, zieht er sich in sein Zimmer zurück, öffnet die Alben mit den geistreichen Zeichnungen und fühlt sich bald wieder wie neugeboren. Und das ist ja schließlich Sinn und Zweck einer jeden Freizeitbeschäftigung – sie soll uns etwas Abwechslung und angenehme Momente verschaffen.

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По публикацията работи: Rossiza Radulowa


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