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Jugendwelle Sofia: Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder

Nach Angaben der Staatlichen Kinderschutzagentur haben die Sozialämter 2009 fast 1600 Signale über Gewalt gegen Minderjährigen bekommen
Foto: Diana Hristakiewa
Wo beginnt die Gewalt gegen Kinder? Gehört ein kleiner Klaps schon dazu oder ist es bloß ein Teil der Erziehung, der von der Gesellschaft völlig akzeptiert wird? In letzter Zeit wird in Bulgarien immer mehr darüber diskutiert. Anlässe dazu gibt es leider genügend. Die immer häufiger in letzter Zeit vorkommenden Fällen von Gewalt gegen Kinder entflammten die Debatte darüber zwischen Lehrern, Eltern, Sozialpädagogen, Polizei und anderen Institutionen.

Man kann nicht wirklich sagen, ob dieses Phänomen auch mit der verschlechterten finanziellen Lage der Bulgaren im Moment zusammen hängt. Die Psychologen sind sich aber darüber einig, dass die angespannte Situation in manchen Familien oft in Gewalt gegen Kinder als ein Ventil für den Druck mündet. Nach Angaben der Staatlichen Kinderschutzagentur haben die Sozialämter fast 1600 Signale über Gewalt gegen Minderjährigen bekommen. 500 von ihnen wurden geschlagen und fast 200 wurden sexuell missbraucht. Weitere 250 wurden psychisch gequellt und die meisten von ihnen – fast 600, wurden von ihren Angehörigen vernachlässigt, was an sich eine Form der psychischen Misshandlung ist. 80 Prozent der Gewaltfälle gegen Kinder im letzten Jahr spielten sich in der Familie ab, zeigt die Statistik. Oft sehen wir auf den Straßen und an öffentlichen Plätzen, wie rasende Eltern ihre Kinder beschimpfen oder schlagen.

„Die körperliche Züchtigung hat eine lange Tradition in einer patriarchalen Gesellschaft wie die bulgarische. Das ist aber ein Zeichen dafür, dass die verbale Kommunikation der Eltern mit ihren Kindern nicht sehr gut ist“, sagt die Psychologin Wessela Banowa und weiter:

„Ich habe diese Methoden nie befürwortet und meine Praxis als Psychotherapeutin hat dies bestätigt“, erklärt die Spezialistin. „Es ist sehr wichtig wie man mit einem Kind spricht, ob wir den notwendigen Respekt mit einbringen oder einen Doppelstandard anwenden. Die gelegentlichen Klapse und die Inkonsequenz zwischen Worten und Taten haben mit Sicherheit unerwünschte Folgen. So kann das Kind selbst nicht beurteilen was gut und schlecht ist. Die Körperstrafe war schon immer eine Form der Gewalt. Einerseits muss man den psychischen Zustand der Eltern in Betracht ziehen, der nicht immer sehr stabil ist. Die meisten von ihnen suchen aber keinen Rat beim Spezialisten. Auch die Selbsthilfegruppen für solche Eltern haben bei uns keine so große Tradition. Die soziale Isolation und die Arbeitslosigkeit können ebenfalls zur Spannungen zwischen Eltern und Kinder und zu Gewalt führen. Dabei wird das Grundprinzip der Kinderrechte verletzt, nämlich dass Eltern nicht alles mit ihren Kindern machen können, was sie wollen. Leider gibt es immer noch alte Stereotypen in der Kindererziehung in Bulgarien“.

Nicht weniger schädlich für die Entwicklung des Kindes ist auch der Psychoterror:
„Man muss konsequent bei der Kindererziehung vorgehen, denn Kinder brauchen feste Muster und Abläufe, die sie immer folgen können“, erklärt die Psychologin Wessela Banowa weiter. „Die Tatsache, dass das Kind nicht geschlagen wird hilft weniger, wenn es stundenlang Zeuge von den elterlichen Auseinandersetzungen wird. Die negativen Folgen davon können wirklich erschreckend sein“.

Vor kurzem wurde in Bulgarien eine 24stündige Hotline für Kinder in Risikosituationen eingerichtet. Die Anrufen von Kindern und Teenagern werden von Fachläuten aus der Assoziation „Animus“ entgegengenommen. In fünf Monaten gab es etwa 4 000 Anrufe. Die Psychologen können dann diejenige von ihnen, die sie für besonders gefährdet halten, an die Polizei oder an die Kinderschutzagentur weiterleiten. Dann können die zuständigen Behörden die betroffenen Kinder in einer geschützten Einrichtung oder bei einer Pflegefamilie unterbringen. Man kann auch den Elternteil, der Gewalt ausgeübt hat, dazu zwingen, das Haus zu verlassen. Tatsache ist aber, dass das Gesetz in Bulgarien noch keine so strengen Maßnahmen zur Verfolgung von Gewalttätern gegen Kinder vorsieht. Einige Änderungen hierfür sind bereits vorgesehen. Man möchte demnächst auch die Strafen für sexuellen Missbrauch von Kindern und Verbrechen gegen die Ehe und die Familie zu verschärfen.

Übersetzung: Milkana Dehler
По публикацията работи: Diana Hristakiewa


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