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Die Regierung in der Falle der Tauschgeschäfte mit Baugrundstücken

Manche haben es soweit getrieben, dass Grundstücke selbst in Schutzgebieten gegen Wälder in gottverlassenen Teilen des Landes umgetauscht wurden, und dort Hotels oder Golfplätze zu bauen.
Foto: BGNES
Ein Wort aus der bulgarischen Umgangssprache kennen die EU-Beamten in Brüssel inzwischen sehr gut: "zamenki". Dahinter verbirgt sich der Umtausch von attraktiven Grundstücken im Staats- oder Gemeindeeigentum durch Grundstücke in abgelegenen Teilen des Landes, die im Privateigentum sind. Diese Umtauschgeschäfte sind in den letzten zehn Jahren geradezu zum Hobby für Geschäftsleute geworden, die den Regierungen nahe stehen. Der Bauboom der vergangenen zehn Jahre ließ das Appetit der Baulöwen steigen, und so überlegten sie sich zahlreiche Tricks, wie sie an attraktiven Baugeländen an der Schwarzmeerküste oder in den Skigebieten kommen. Da das Gesetz den Umtausch von Grundstücken aus dem Staats- oder Gemeindefonds nicht direkt verbietet, steig die Zahl der "zamenki" lawinenartig an. Manche haben es soweit getrieben, dass Grundstücke selbst in Schutzgebieten gegen Wälder in gottverlassenen Teilen des Landes umgetauscht wurden, und dort Hotels oder Golfplätze zu bauen.

Die Naturschutzorganisationen waren die ersten, die vor etwa fünf-sechs Jahren gegen die "zamenki" auf die Straße gingen. Die Zubetonierung der bulgarischen Küste hat sogar die Koalition zahlreicher kleiner Umweltschutzorganisationen "Für Bulgariens Natur" ins Leben gerufen. Aber selbst vereint, blieben die Proteste der meist jungen Naturschützer ohne Folgen. Nicht einmal aus der Bevölkerung kam Unterstützung. Aber aus Brüssel – die EU-Kommission reagierte als Erste auf die Hilferufen, ermahnte die Regierungen in Sofia und startete sogar Strafverfahren gegen Bulgarien. Es waren wieder die Grünen von der Koalition "Für Bulgariens Natur", die sich an Brüssel wandten und über die dubiosen Tauschgeschäfte mit Baugrundstücken alarmierten. Die Warnung aus der EU ließ nicht lange auf sich warten.

Nun wird wohl der neue Landwirtschaftsminister Najdenow die Suppe auslöffeln müssen, denn auch er alarmierte im Wahlkampf im vergangenen Sommer, dass die fraglichen Tauschgeschäfte eine verborgene Staatssubvention für die Bauherren ist. Nun sitzt er aber im Ministersessel und muss handeln. Eine Gerichtsklage in Luxemburg würde Bulgarien mit Sicherheit eine fette Bußgeldsumme bringen, was in Zeiten der sich immer weiter vertiefenden Wirtschaftskrise nicht gerade gut ist. Deshalb entschied sich Agrarminister Najdenow für eine andere Taktik – die "zamenki" seien eine kriminelle Tat und keine Staatssubvention.

Die Tauschgeschäfte mit Baugrundstücken sind ein weiterer origineller Beitrag Bulgariens in der Korruptionspraxis, der selbst die Europäische Kommission in Verlegenheit brachte. Die Naturschutzorganisationen zweifeln stark daran, dass diese Masche durchgehen wird. Außerdem müsste sich das bulgarische Gericht mit den Fällen befassen, wenn sie als kriminelle Taten angegeben werden. Und die bulgarische Justiz ist nicht gerade für ihre Schnelligkeit und Objektivität bekannt, sagt Stefan Awramow von der bulgarischen Stiftung "Biovielfalt".

"Über kurz oder lang werden wir zugeben müssen, dass es sich bei den "zamenki" um nicht reglementierte Staatshilfe handelt", behauptet der Naturschützer. "Bis es aber soweit kommt, werden die neuen Eigentümer der attraktiven Grundstücke viel Geld damit verdienen – entweder lassen sie bauen und verkaufen anschließend die Immobilie, oder sie verkaufen gleich das Grundstück mit Gewinn, und machen sich so aus dem Staub. Im nachhinein nachzuweisen, dass sie das Grundstück gegen ein unattraktives Gelände getauscht haben, scheint mir schier unmöglich. Deshalb fordern wir, dass die Regierung die verdeckte Staatshilfe für diese Geschäftsleute zugibt, denn dann würde das Problem in kürzester Zeit gelöst", hofft Stefan Awramow.

Die Regierung sieht es aber anders und sucht nach Möglichkeiten, einer Geldsanktion aus dem Weg zu gehen, anstatt das Problem inhaltlich zu lösen.

Übersetzung: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Maria Dimitrowa


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