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Das Passivrauchen - eine falsch verstandene Toleranz

Foto: BGNES
Ab 1. Juni tritt in Bulgarien ein Nichtraucherschutzgesetz in Kraft. Nach langen Diskussionen pro und contra verabschiedete das Parlament das umstrittene allgemeine Rauchverbot, das den rund 2 Millionen aktiven Rauchern in Bulgarien verbietet, ab der zweiten Jahreshälfte an öffentlichen Orten zu qualmen. Somit dehnte der Gesetzgeber das Rauchverbot auch auf die Gastronomie aus.

Letztes Jahr hat die EU-Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert, das jetzt schon gültige Rauchverbot auszuweiten. Es sollten "verbindliche Rechtsvorschriften für rauchfreie Zonen" geschaffen werden. Die bisherigen Maßnahmen in den Nationalstaaten reichen aus Sicht der Kommission und des EU-Parlaments nicht aus. Konkret fordert die Kommission Maßnahmen gegen die Belastung von Kindern und Jugendlichen durch Tabakrauch sowie wirksame Strategien zur Raucherentwöhnung und Warnbilder auf Verpackungen von Tabakerzeugnissen. Außerdem soll ein "standardisiertes EU-Überwachungssystem" eingerichtet werden, das die Zusammenarbeit zwischen den Ländern erleichtern soll.

Die EU-Kommission hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach versucht, den Nichtraucherschutz zu verbessern. Ansatzpunkt war bisher der Arbeitsschutz. Jetzt soll der Gesundheitsschutz die Grundlage für neue Maßnahmen bilden. Laut Zahlen aus Brüssel starben 2008 in der Union 6000 Erwachsene durch Tabakrauch am Arbeitsplatz, davon 2500 Nichtraucher.

Bereits seit Jahren gilt in Bulgarien ein Rauchverbot an allen geschlossenen Arbeitsplätzen. Mit der Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes wird ab Juni das Rauchen in Bars, Diskotheken, Restaurants und anderen öffentlichen Orten untersagt. Rauchen wird man also künftig nur noch Zuhause und auf der Straße dürfen. Und daran werden sich die Raucher in Bulgarien wohl halten müssen, denn die Geldbußen sind ziemlich scharf – zwischen 50 und 150 Euro wird man beim Verstoß gegen das Gesetz hinblättern müssen. Kostspielig wird es auch für Bar- und Restaurantbesitzer, die im Zuge der heißen Diskussionen über das erwartete Rauchverbot enorme Umsatzeinbüßen fürchten. Die Mediziner hingegen betonen, dass der Nichtraucherschutz im Vordergrund stehen muss, einschließlich der Schutz von Barkeepern und Kellnern. Dr. Sophia Angelowa von der Lungenfachklinik in Sofia führt aus:

"Studien der Weltgesundheitsorganisation WHO geben Hinweise darauf, dass Passivrauchen, wenn auch in geringerem Maße als Aktivrauchen, ein Gesundheitsrisiko darstellt. Das gilt insbesondere für solche Passivraucher, die dauerhaft dem Schadstoff ausgesetzt sind", erläutert Dr. Angelowa. "Stellen Sie sich vor, was für eine Luft Jugendliche atmen, wenn sie in einer Disko sind, wo geraucht werden darf. Beim Tanzen, bei einer körperlichen Belastung also, atmen wir deutlich tiefer ein, als im Ruhezustand. In der Disko atmen also die jungen Menschen den schädlichen Tabakrauch kräftig ein. Mit dem Nichtraucherschutzgesetz werden wir dieses Problem gelöst haben, traurig ist aber, dass viele Kinder in Bulgarien passiv rauchen, weil ihre Eltern Raucher sind. Mit rund 2 Millionen Rauchern belegt Bulgarien einen der vorderen Plätze in Europa ein. Knapp die Hälfte der 15-16 Jährigen rauchen selbst. Deshalb wünsche ich mir, dass das neue Nichtraucherschutzgesetz in Bulgarien auch tatsächlich zur Anwendung kommt", sagt Dr. Angelowa.

Dr. Sophia Angelowa kennt schreckliche Beispiele aus ihrer Praxis als Lungenfachärztin. Sie kennt aber die Situation im ganzen Land, und zitiert erschreckende statistische Angaben:

"Über 90 Prozent der Patienten in unserer Lungenklinik sind Raucher. Der Rest sind Passivraucher", sagt Dr. Angelowa. "Diese Zahlen sagen eigentlich alles. 90 Prozent der Lungenkrebskranken rauchen. Die toxischen Stoffe der Zigaretten greifen das Immunsystem an, dadurch gelangen sie in die Bronchien, dort kommt es zu kleinen lokalen Entzündungen, die dazu führen, dass die eingeatmete Luft immer weniger wird. So kommt es zum oberflächlichen Atmen und der Körper wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Die Spirale dreht sich dann weiter und so erkranken die Raucher nicht nur an Lungenkrebs, sondern auch an Herz-Kreislauf-Erkrankungen."

Studien haben ergeben, dass Passivrauchen mit einem niedrigen Vitamin-C-Spiegel im Blut einhergeht. Ein Mangel an Vitamin C kann sich bei Kindern besonders schädlich auswirken, da ihr Körper noch im Wachstum begriffen ist. In einer weiteren, 2009 veröffentlichten Studie konnte anhand einer Gruppe von fast 6.000 Kindern unter 10 Jahren nachgewiesen werden, dass Passivrauchen die Rate von Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefiziten und anderen Verhaltensauffälligkeiten signifikant erhöht.

Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Milka Dimitrowa


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