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Wo will Bulgarien seinen Atommüll lagern?

Momentan erarbeitet Bulgarien ein Projekt über den Bau eines landesinternen Lagers für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle nahe des Atommeilers Koslodui
Foto: BGNES
Bulgarien müsse ein eigenes Lager für Atommüll aus den stillgelegten Blöcken des Atommeilers Koslodui anlegen. So heißt es im Bericht der EU-Abgeordnete aus der Fraktion der Grünen, Rebekka Harms, von dem es abhängt, ob Bulgarien für die stillgelegten vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Koslodui weitere 300 Millionen Euro Zusatzentschädigung bekommt oder nicht. In ihrem Bericht besteht Harms darauf, dass Bulgarien 120 Millionen Euro der Zusatzentschädigung für den Bau eines eigenen Atommülllagers verwendet. Über das im März debattierte Dokument muss das EU-Parlament im April abstimmen. Die 300 Millionen Euro könnten bis 2014 abgerufen werden. Dabei sind 180 Millionen für die stillgelegten Blöcke vorgesehen. Die restlichen 120 Millionen Euro sollen für den konventionellen Energiesektor, für mehr Energieeffizienz und für erneuerbare Energien verwendet werden.

Der bulgarische EU-Abgeordnete Iwajlo Kalfin, Mitglied des Haushaltsausschusses des EU-Parlaments, bezeichnete den Vorschlag als nicht annehmbar. Präsident Georgi Parwanow verwarf den Plan mit der Begründung, dass Bulgaren in bezug auf Transport und Lagerung von Atommüll bereits bewährte Wege gehe.

„Als Land können wir einer Umverteilung von EU-Geldern aus der konventionellen Atombranche in die Atommülllagerung nicht zustimmen“, legt Sergej Zotschew, Chef der Bulgarischen Atomaufsicht, den Standpunkt seiner Behörde mit folgender Begründung dar.

„Erstens widerspricht diese Forderung dem EU-Beitrittsvertrag des Landes, in welchem genau festgelegt ist, wofür die Fördermittel aus dem Internationalen Koslodui-Fonds verausgabt werden können“, präzisiert Sergej Zotschew. „Zweitens gibt es für eine derartige Forderung keinerlei rechtliche Grundlage, da die Verarbeitung und Lagerung von radioaktiven Abfällen in nationaler Kompetenz liegt und nicht von der EU vorgegeben wird. Und drittens würde Bulgarien durch eine derartige Entscheidung gegenüber Staaten wie Slowenien benachteiligt, denn diese Staaten erhalten ähnliche Entschädigungen für stillgelegte Reaktorblöcke.“

Momentan erarbeitet Bulgarien ein Projekt über den Bau eines landesinternen Lagers für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle nahe des Atommeilers Koslodui. Die geplante Modulanlage soll bis 2015 fertig gestellt werden. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Gebaut wird die Anlage vom deutschen Konsortium RWE NUKEM-GNS. Derartige Lager gibt es in fast allen Staaten mit Atomkraftwerken wie etwa in Spanien und Holland, in der Slowakei und Tschechien.

Gegenwärtig transportiert Bulgarien seinen Atommüll nach Russland. Die Inbetriebnahme des Atommülllagers würde die Menge der zur Verarbeitung und Lagerung außer Landes geschafften radioaktiven Abfälle verringern. Zudem wird gegen Jahresende eine Änderung des bulgarisch-russischen Kooperationsvertrages für Atomenergie erwartet, wobei es auch um die in Russland verarbeiteten und gelagerten radioaktiven Abfällen des Atommeilers Koslodui gehen soll. Laut Rebekka Harms erhöhe dies die Energieabhängigkeit Bulgariens von Russland, „da diese Abfälle eines Tages nach Bulgarien zurückkehren werden.“

„Laut Vertrag wurden bisher keine dieser verarbeiteten Abfälle nach Bulgarien zurücktransportiert“, kommentiert Sergej Zotschew die Befürchtungen von Rebekka Harms. „Ein derartiges Vorgehen müsste zunächst zwischen beiden Staaten vertraglich vereinbart werden, d.h. es wäre Gegenstand künftiger Verhandlungen, was in den kommenden Jahren unwahrscheinlich ist. Meiner Meinung nach steht dieses Problem gegenwärtig nicht auf der Tagesordnung.“

Weltweit gibt es nur wenige Staaten mit Endlagern für Atommüll. In den anderen Staaten werden die radioaktiven Abfälle zwischengelagert. Auch bei dem geplanten Atommülllager nahe Koslodui handelt es sich um ein Zwischenlager für die nächsten einhundert Jahre.

Wie ist es EU-weit um die Zukunft stark radioaktiver Abfälle bestellt? Ein Drittel des EU-Stroms stammt aus Atomkraft. In 15 europäischen Staaten sind 145 Atomkraftwerke in Betrieb, weitere 8 befinden sich in Bau. Die EU-Kommission will eine neue Methode zur Lagerung von gefährlichem Atommüll in tief gelegenen Erdschichten fördern. Allerdings ist die Atommülllagerung Sache der einzelnen EU-Staaten. Nach 2020 will Finnland als erstes EU-Land seinen Atommüll nach der neuen Methode lagern. Drei Jahre später will sich Schweden anschließen, danach Frankreich.
Bisher werden stark radioaktive Abfälle in Russland, Großbritannien, Japan und Frankreich verarbeitet und zwischengelagert, bevor sie in tiefen Erdschichten endgelagert werden.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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