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Frauen stehen in der Arbeit ihren „Mann“

Die bulgarischen Frauen stehen in der Arbeit ihren Mann und tragen gleichzeitig auch eine große Verantwortung für die Familie
Foto: Rumjana Zwetkowa
Die Traditionen sind auch nicht mehr das, was sie waren. Heutzutage trifft man in Bulgarien nur selten Vertreterinnen des schwachen Geschlechts an, die ausschließlich Hausfrauen sind. Dafür aber sind sie in rein männlichen Berufen keine Ausnahme. Gleichzeitig damit bleiben den Frauen aber ihre althergebrachten Pflichten zu Hause nicht erspart. Nun kann man auch berechtigt die Frage stellen, ob die Bulgarinnen wenigstens finanziell unabhängig sind? Eine Antwort darauf suchte eine Umfrage der Meinungsforschungsagentur „Synovate“.

Um einen guten Vergleich anstellen zu können, wandten sich die Meinungsforscher mit den gleichen Fragen an Frauen aus 12 Staaten auf fünf Kontinenten. Es ergab sich, dass sich die bulgarischen Frauen zu 37 Prozent als finanziell unabhängig empfinden, womit Bulgarien unter den untersuchten Ländern das Schlusslicht bildet. Zum Vergleich: In Indonesien fühlen sich 47 Prozent der Frauen finanziell unabhängig. In den entwickelten Industrieländern liegt der Prozentsatz noch bedeutend höher – in Frankreich 80 Prozent und in Großbritannien 76 Prozent. Der Leiter von Synovate Bulgarien, Stojan Michajlow, führt die großen Unterschiede jedoch darauf zurück, dass man in den verschiedenen Kulturen die finanzielle Unabhängigkeit anders versteht. Michajlow präzisiert: „In dem einen Fall wird sie als individuelle, ganz persönliche finanzielle Unabhängigkeit der Ehefrau aufgefasst, in dem anderen eher allgemein – man meint die finanzielle Absicherung und Unabhängigkeit der ganzen Familie“, sagt Stojan Michajlow. „Die zweite Variante trifft gerade auf Bulgarien zu. Hier arbeiten Frauen und Männer gleichermaßen und tragen beide die Verantwortung für die materielle Sicherheit der Familie. Diese geteilte Verantwortung führt dazu, dass sich die Frauen abhängiger fühlen. In Westeuropa ist es hingegen anders. Dort wird die finanzielle Unabhängigkeit wörtlich aufgefasst – als Unabhängigkeit vom Ehegatten.“

Trotz ihrer aktiven Rolle in der Familie, hat die Hälfte der befragten Frauen in Bulgarien angegeben, dass die Sorge um die Ernährung der Familie dem Mann zukomme. Diese patriarchalische Sicht wird von fast zwei Dritteln der bulgarischen Männer geteilt. Auch hierin unterscheidet sich Bulgarien von den anderen Ländern. In den Niederlanden sind beispielsweise nur 15 Prozent der Männer dieser Ansicht, in Indonesien dafür ganze 87 Prozent. In vielen Ländern sind die Frauen aber geneigt, dem Mann die führende Rolle abzusprechen. Den Männern fällt es immer schwerer, sich als „starkes Geschlecht“ zu behaupten. 43 Prozent aller befragten Frauen versicherten, dass sie alles drauf und dran setzen, um eine besserbezahlte Arbeit zu finden. Einige ziehen sogar Finanzexperten zurate, lesen entsprechende Fachbücher und erstellen sich einen persönlichen Finanzplan. Nicht selten werden auch Finanzlehrgänge und verschiedene andere Fachseminare besucht. Die Bulgarinnen erweisen sich in dieser Beziehung als bedeutend passiver – 39 Prozent gaben an, dass sie nicht spezielles tun, um ihre materielle Lage zu verbessern. Dafür aber scheinen die Bulgarinnen pragmatischer an die vorhandenen Finanzen heranzugehen. Das Gros verzichtet beispielsweise auf den Kauf von Lotterielosen und die Teilnahme an verschiedenen anderen Glücksspielen, was anderswo gang und gäbe ist. In Bulgarien versuchen nur vier Prozent der Frauen auf diese Art und Weise ihre Finanzen aufzubessern.

Was kommt nun unterm Strich heraus? Sind die Bulgarinnen finanziell unabhängig?
„Die bulgarischen Frauen stehen in der Arbeit ihren „Mann“ und tragen gleichzeitig auch eine große Verantwortung für die Familie. Das bedeutet, dass sie in großem Maße ihre finanzielle Unabhängigkeit zu Gunsten der Familie opfern“, sagt der Leiter der Meinungsforschungsagentur Synovate-Bulgarien, Stojan Michajlow. „Andererseits muss aber auch auf etwas anderes hingewiesen werden: Der Anteil an finanzieller Verantwortung gleich dem Manne macht die Frauen in gewisser Weise unabhängig. D.h. die Bulgarinnen sind aktiv und selbständig, auch wenn sie sich nicht so fühlen. Ich würde sogar sagen, dass ihr Beitrag für den Wohlstand der Gesellschaft größer ist, als der der Männer. Man darf nämlich nicht vergessen, dass die Frauen ihren Pflichten im Haushalt genauso beflissen nachkommen. Wenn wir der Hausfrauenarbeit einen finanziellen Wert zuordnen, so wird er mehr als ein Drittel der offiziellen Wirtschaftsleistung betragen. Zieht man das in Betracht, ist der finanzielle Beitrag der Frauen in der Gesellschaft höher, als der der Männer“, schlussfolgert der Meinungsforscher.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
По публикацията работи: Rumjana Zwetkowa


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