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Erster Schritt für Gashub in Bulgarien getan

Foto: Archiv

Bulgarien hat weder nennenswerte Gasvorkommen noch ist es ein großer Gasmarkt. Dennoch schmiedet es ehrgeizige Pläne in dieser Sphäre. Gemeint ist das große Projekt zur Schaffung eines Gasverteilers sowie einer Börse zur Versorgung von Kunden aus unterschiedlichen europäischen Ländern mit Gas.

Die Idee von einem Gashub auf bulgarischem Territorium schien eher illusorisch, nachdem das South-Stream-Projekt 2014 auf Eis gelegt wurde. Es sah den Bau einer Unterwasserleitung durch das Schwarze Meer vor, über die jährlich ca. 64 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Bulgarien fließen sollten. Die Lage hat sich seitdem jedoch geändert, wenn auch nicht immer zum Positiven.

Die Hoffnungen Bulgariens, dass man Öl- und Gasvorkommen in seinen territorialen Gewässern im Schwarzen Meer finden könnte, haben sich leider nicht bewahrleitet. Unlängst wurde bekannt gegeben, dass die Probebohrungen bei Burgas keine positiven Ergebnisse gebracht haben. So oder so hätte sich Bulgarien nie allein nur auf sein eigenes Gas verlassen. Sofia hat nie aufgegeben, sich für die Umsetzung des Balkan-Gashub-Projekts stark zu machen. Bulgarien hat viel unternommen, um sein Gasnetz auszubauen und zu diversifizieren, damit viele Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland, Aserbaidschan und sonstigen Gasquellen über seine Rohre fließen. Inzwischen ist ein Vertrag mit Aserbaidschan unter Dach und Fach. Er sieht ab 2020 die Zustellung von 1 Milliarde Kubikmeter Gas pro Jahr vor. Fortschritte macht auch die Verknüpfung der Gasnetze Bulgariens und Griechenlands, was ebenfalls die Lieferung von zusätzlichen Gasmengen ermöglichen soll, darunter auch von amerikanischem Flüssiggas. Es sind bereits erste Lieferungen erfolgt und alle Händler sind mit dem Preis und den Konditionen zufrieden. Starke Unterstützung haben die bulgarischen Gasprojekte auch durch Russland und den russischen Gasriesen Gazprom erfahren. Gazprom hat unlängst den Bau der Turkish-Stream-Pipeline abgeschlossen, die über das Schwarze Meer führt. Deren zweite Abzweigung soll über Bulgarien verlaufen und 15,75 Milliarden Kubikmeter russisches Gas jährlich transitieren.

Das war aber bei weitem nicht sicher, bis Russlands Energieminister Alexander Nowak nicht offiziell in der Türkei verkündet hat, dass man Bulgarien vor Griechenland beim Bau dieser Pipeline in Richtung Zentraleuropa vorgezogen habe. Bis zu diesem Moment gestalteten sich die bilateralen Beziehungen diesbezüglich nur auf Unternehmensebene zwischen der russischen Gazprom und der bulgarischen Bulgargaz. Beide Unternehmen haben sich darauf geeinigt, eine Gaspipeline von der türkisch-bulgarischen Grenze im Südosten bis hin zur bulgarisch-serbischen Grenze im Nordwesten zu bauen und mit Gas zu versorgen. Bulgarien hat sogar eine Ausschreibung zur Erteilung des öffentlichen Auftrags zum Bau dieses 474 km langen Pipelineabschnittes organisiert. Juristische Streitigkeiten könnten allerdings die für 2020 geplante Inbetriebnahme der 1,1 Milliarden Euro teuren Anlage verzögern. Dessen ungeachtet sind die Lieferungen und der Vertrieb von russischem Gas bereits zu 90 Prozent vereinbart. Bulgarien rechnet mit Transitgebühren in Höhe von ca. 100 Millionen Euro pro Jahr. An dieser Stelle sollte aber auch gesagt werden, dass mit der Verlängerung der Turkish Stream über Bulgarien der russische Gasgigant Gazprom die Gaslieferungen über die Trans Balkan Pipeline einstellt, die Gas aus der Ukraine über Bulgarien in die Türkei führt. Daraus hatte sich Bulgarien erhofft, bis zum Jahr 2030 Transitgebühren von über 700 Millionen Euro zu kassieren.

Wichtig ist, dass die bulgarischen Behörden behaupten, sie hätten aus dem gescheiterten South-Stream-Projekt gelernt. Es wurde nicht umgesetzt, weil es nicht den europäischen Richtlinien und Kriterien entsprochen hat. Energieministerin Temenuschka Petkowa versichert, man werde die alten Fehler nicht wieder begehen, das Projekt sei mit der EU koordiniert und von Brüssel abgesegnet worden. Es bleibt zu hoffen, dass selbiges auch für die USA gilt, die sich ebenfalls bei der Einstellung des South-Stream-Projekts eingemischt haben. Sollte die Antwort auf diese Frage positiv ausfallen, dann kann man behaupten, dass ein wichtiger konkreter erster Schritt in Richtung bulgarischer Gashub bereits getan wurde.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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